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UPDATE
14. Juni 2025 um 09:45 Uhr

Ohne Erinnerung keine Zukunft

Sachsens Gedenkstätten wie der berüchtigte DDR-Knast Bautzen oder die zu NS-Zeit betriebene „Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein“ stehen unter Druck. Der geplante Staatshaushalt für 2025 und 2026 sieht vor, dass die Mittel künftig nicht mehr werden.

(Hinweis: Wir haben diesen Beitrag am 04. Juli 2025 aufgrund des Haushaltsbeschlusses des Sächsischen Landtages vom 26. Juni 2025 aktualisiert.)

4,48 Mio. Euro sollen, so die aktuelle Planung, für das laufende Jahr 2025 zur Verfügung stehen. Das ist knapp eine halbe Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Für 2026 sind dann 4,98 Mio. Euro für die Erinnerungskultur eingeplant, womit der Beitrag wieder das Niveau von 2024 erreichen würde. Allerdings sind die Kosten für den Betrieb der Einrichtungen in jüngster Zeit deutlich gestiegen – das betrifft besonders die Tarif- und Betriebsausgaben.

Das stellt die Gedenkkultur vor erhebliche Herausforderungen. Die vom Freistaat finanzierte Stiftung Sächsische Gedenkstätten kritisierte in einer Stellungnahme Mitte April, die Planungen kämen faktisch einer Kürzung der Mittel gleich.

Update 04. Juli 2025, 13:25 Uhr: Mit Beschluss des Sächsischen Landtages vom 26. Juni 2025 stehen im neuen Doppelhaushalt - als Landeszuschüsse für lfd. Zwecke der Stiftung Sächsische Gedenkstätten - jetzt 5,13 Mio. Euro für das laufende Jahr und rd. 5,63 Mio. Euro für 2026 zur Verfügung.

Feste und freie Trägerschaft

Die sächsische Gedenkkultur lässt sich grob in zwei Gruppen teilen, erklärt Uljana Sieber, Leiterin der Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden, die vom Verein „Erkenntnis durch Erinnerung“ e.V. betrieben wird. Auf der einen Seite stehen die Gedenkstätten in Trägerschaft der vom Freistaat Sachsen ins Leben gerufenen Stiftung Sächsische Gedenkstätten. Hier ist Sieber ehrenamtliche Vorsitzende des Beirats und repräsentiert insbesondere Einrichtungen in freier Trägerschaft. Die machen den zweiten Teil der Einrichtungen in Sachsen aus. Meist werden sie betrieben von Vereinen und Initiativen, die sich mehrheitlich über eine institutionelle Förderung der staatlichen Gedenkstätten-Stiftung und der eigenen Kommune, teilweise auch des Bundes, finanzieren.

Alle einen die gleichen Ziele: Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und des Kommunismus aufrechtzuerhalten, Begegnungsort für Betroffene und Angehörige zu sein und ihre Erinnerungen zu dokumentieren. Ein weiteres Ziel ist es, die Auseinandersetzung mit vergangenen Unrechtssystemen zu fördern und so einen wichtigen Dienst zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu leisten. „Im Kern geht es auch um die Frage, was jedem einzelnen von uns seine Freiheit wert ist“, sagt Sieber.

Eigenleistungen als Option

Sieber sieht mit Besorgnis auf die aktuelle Entwicklung. Jüngst erst sind zwei Gedenkstätten in freier bzw. kommunaler, eine in fester Stiftungs-Trägerschaft dazu gekommen, ohne dass es mehr Geld im Gesamtbudget gibt. Schon zuvor hatte sie öffentlich kritisiert, dass im Entwicklungskonzept der Stiftung die Einrichtungen in freier Trägerschaft zu wenig berücksichtigt seien, obwohl diese eine gleichwertige Arbeit leisteten, ohne die die sächsische Gedenkstättenlandschaft nicht denkbar wäre. „Dabei sind jetzt schon viele von ihnen deutlich unterfinanziert. Wir haben hier nicht einmal eine Stelle für die Bildungs- oder die wissenschaftliche Arbeit, die nur über Projekte und Ehrenamt realisiert werden kann“, so Sieber. An eine Bezahlung, die sich an Tarifen orientiert, sei da nicht im Ansatz zu denken.

Viele Mittel müssen vor allem die Einrichtungen in freier Trägerschaft in Eigenleistung erwirtschaften, etwa durch Eintrittsgelder oder Spenden. Und da sieht Sieber durchaus Potenzial, für beide Seiten: rund 200.000 Euro hat die Gedenkstätte Bautzner Straße allein im Jahr 2024 durch Führungsentgelte, Eintrittsgelder, Spenden oder Vermietungen (exkl. Projektmittel) erwirtschaftet – deutlich mehr als viele staatlich geförderte Einrichtungen. „Die Politik muss sich zudem fragen, was es ihr wert ist, die Erinnerung an die Vergangenheit aufrecht zu erhalten“, sagt Sieber, „und eine klare Antwort darauf geben“.

Für CDU-Fraktion bleibt Erinnerung eine Handlungsmaxime

Für die CDU seht der besondere Stellenwert der Erinnerungskultur in Sachsen und damit die wertvolle Arbeit bestehender Strukturen außer Frage. Die CDU-Kulturpolitikerin  Sandra Gockel sagt: „Jeder Wunsch nach mehr Geld auch aus diesem Bereich ist sehr verständlich. Aber der Regierungsentwurf zum neuen Landeshaushalt wurde unter schwierigen finanzpolitischen Bedingungen erstellt: Stetig steigende Ausgaben müssen mit knapper werdenden Einnahmen in Einklang gebracht werden. Trotz eines Rekordvolumens ist Sachsen zu deutlichen Einsparungen in allen Bereichen gezwungen, von denen quasi alle Träger betroffen sein werden.“ 

Ungeachtet dessen bleiben Erinnerungskultur und politische Bildung für die CDU-Fraktion eine Querschnittsaufgabe, die alle Lebensbereiche umfasst. „Gerade historische Bildung ist dabei unerlässlich“, betont die CDU-Kulturpolitikerin. „Sie verdeutlicht, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Errungenschaft ist, die immer wieder erlernt, erkämpft, gelebt und verteidigt werden muss. Das gilt insbesondere auch hier in Sachsen mit den leidvollen Erfahrungen aus zwei Diktaturen.“

Seit mehr als 15 Jahren ist das für die CDU-Fraktion auch eine Handlungsmaxime. In Erinnerung an den Volksaufstand gegen das kommunistische System in der DDR am 17. Juni 1953 führen wir alljährlich an diesem Tag ein Gesprächsforum des Johann Amos Comenius Club Sachsen (JACC) durch. Diese Gedenkveranstaltung findet stets an Orten in Sachsen statt, die in besonderer Weise an persönliche Demütigung, politische Unterdrückung und staatliche Willkür erinnern. So zum Beispiel jetzt auch am 17. Juni 2025 in der Gedenkstätte Bautzen, wozu wir gern einladen.

 

(Bildnachweis: Gedenkstätte Bautzner Straße I Alexander Fuhrmann)